Überbrückungszeit

Wieder vergeht Tag um Tag und Woche um Woche. Ich hänge in der Überbrückungszeit. So nenne ich die Zeit, in der ich erkannt habe, dass ich an einer Depression erkrankt bin. In dieser Depression Lebe ich, bin ich gefangen. Täglich grüßt das Murmeltier. Und Überbrückungszeit nennt es meine Hausärztin, weil ich in der Phase bin, in der ich auf praktische Hilfe vor Ort warte. Warten muss, mir sind die Hände gebunden. Sie meint damit den Start meiner Therapie. Und dann ist ja noch das Warten auf den Bescheid der Rentenversicherung zur Reha. Der Bescheid, so die Prognose meiner Ärztin, sowie meiner zukünftigen Therapeutin, die mir bereits im Erstgespräch etwas in dieser Art angedeutet hat, lautet in erster Instanz „Ablehnung“.

Schnelle Hilfe

Eine schnelle Hilfe gibt es nicht. Weder durch Tabletten noch Psychiater, Therapeut oder sonst etwas. Das ist nicht böse gemeint. Tabletten brauchen einige Wochen um ihre Wirkstoffe zu entfalten und Wirkung zu zeigen. Bei der Therapie, warte ich erst einmal darauf, dass sie beginnt. Einen „An“-„Aus“-Schalter wird es auch dann nicht geben, wenn die Therapie oder hoffentlich auch einmal die Reha beginnen wird. Aber im Moment ist die Reha noch ungewiss. Der Wunsch nach Hilfe ist da, denn von alleine schaffe ich es nicht hier raus zu kommen.

12 Wochen zum Erfolg

Sehr optimistisch, in nur 12 Wochen zum Erfolg? Natürlich nicht, 12 Wochen dauert der Online-Kurs. Wobei man das Tempo selbst bestimmen kann. Ich versuche mich irgendwie zum Kurs zu zwingen. Leicht fällt es mir nicht, aber interessant ist es dennoch. Die erste Woche ist eine Art Einführung ins Thema und bringt Erkenntnisse um meine Erkrankung. Gleich mit der zweiten Woche beginnt jedoch die Arbeit, die Arbeit mit mir selbst.

Überbrückungshilfe

Ich beschäftige mich also mit meinem psychologischen Online-Kurs, dieser füllt meine Überbrückungszeit und ist somit eine Art Überbrückungshilfe. Ich habe ein Fachabitur für Sozialpädagogik und Sozialarbeit, in der Ausbildungszeit hatte ich auch das Schulfach Psychologie. Vieles was ich hier einmal gelernt habe begegnet mir nun in anderer Form im Online-Kurs wieder.

Genauso wie meine Hausärztin es mir angeraten hatte, so geht es auch in der zweiten Woche des Online-Kurses los, nach den ersten Erkenntnissen geht es darum sich eine Struktur aufzubauen. Tagesprotokoll ist das Stichwort. Wenn es etwas gibt was ich im Moment nicht habe, dann eine Regelmäßigkeit in meinem Alltag, geschweige denn einen Plan.

Tagesprotokoll

Ins Tagesprotokoll trage ich meine Eckpunkte und meine Vorhaben ein. Unter Vorhaben verstehe ich die Dinge, die ich mir vornehme, zumindest theoretisch. Hinzu kommen meine Termine und so füllt sich das Tagesprotokoll, dass ich für eine Woche im voraus plane und nach einer Woche oder bereits am nächsten Tag überprüfe. Was hatte ich vor, was habe ich davon umgesetzt?

Neben den Eintragungen, soll ich auch meine Stimmung und Gefühle festhalten. Das Tagesprotokoll soll mir helfen Muster zu erkennen und meine Stimmungsschwankungen beobachten zu können. Um ehrlich zu sein, ich hasse mein Tagesprotokoll. Verdeutlicht es mir doch, dass ich derzeit nicht in der Lage bin einen geregelten Tag zu leben geschweige denn meine Vorhaben umzusetzen.

Da kommt Stimmung auf

Stimmungsschwankungen gibt es eigentlich keine. Ich habe eh Probleme mitzuteilen wie es mir geht. Ich will nicht behaupten ich bin Gefühlskalt, nur fehlt es mir an Ausdrucksweise und Selbsteinschätzung. So beschränke ich mich im Tagesprotokoll auf drei Smileys um meine Stimmung zum Ausdruck zu bringen. Darf ich Vorstellen:

🙂

😐

🙁

Bei der Verteilung von meinen Smileys zu meinen Punkten auf dem Tagesprotokoll, bleibt es meist bei einem 😐

Es ist schwer Muster oder Abhängigkeiten in meinem Tagesprotokoll zu erkennen, zu filigran sind die Stimmungsschwankungen. Kaum messbar. Überbrückungszeit ist einfach nur ein anderes Wort für Warten.

Erkenntnis

Wenn es eines gibt, das mir das Tagesprotokoll verdeutlicht hat, dann ist es doch die Erkenntnis, wie viel Zeit so ein Tag mit sich bringt und zur Verfügung stellt. Am Ende des Tages stelle ich mir aber immer wieder die Frage was habe ich gemacht, wo ist die Zeit hin? Die Ausrede, ich hatte keine Zeit, verstehe ich nicht mehr. Es gibt viel Zeit. Viele Chancen. Meist verflogen, vertrödelt, vergeudet und ungenutzt. Da hilft auch das Aufschreiben nicht. Ich fühle mich dadurch nur noch mieser.

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