Reha Klinik: „Hallo, hier ist die Reha Klinik, wir haben einen Platz für Sie. Wenn sie am kommenden Donnerstag anreisen könnten?“. Dann geht es also doch schneller als geplant! Die Reha Klinik hat sich bereits innerhalb einer Woche, nachdem ich mich Montags, auf eine Warteliste habe setzen lassen, gemeldet. Heute ist Freitag. Bleibt mir somit noch das anstehende Wochenende und drei Werktage. Für die Planung meiner Ab- und Anreise, um geplante Termine abzusagen und zu packen, es bleibt nicht viel Zeit. Egal, ich bin froh, soweit ich mich halt freuen kann in meiner Lage. Es geht los!
Logistik
Der Gepäcktransport der Deutschen Bahn, benötigt einen gewissen Vorlauf. Die Gepäckabholung und Lieferung wird mir daher mein Gepäck erst am kommenden Samstag liefern können. Ich nehme deshalb nur eine kleine Tasche mit dem Wichtigsten für die kommenden Tage mit. Die Anreise per Bahn gestaltet sich erfreulicher Weise einmal ohne Hindernisse.
Aufnahme
Es geht nach Bad Salzuflen. In der Klinik selbst gilt es erst einmal einen Corona Test und Aufnahmeformalitäten zu erledigen. Soweit alles in Ordnung und ich kann mein Zimmer beziehen. Aufgrund von Personalmangel ist nur jede zweite Station (Etage) mit Personal besetzt. Am Wochenende sogar nur eine. Da mein letzter Bluttest, dessen Ergebnisse ich mit mir führe von vergangener Woche ist brauche ich heute kein Blut lassen. Meine Hausärztin hat darum gebeten in der Klinik meine Blutwerte nochmals zu kontrollieren und ggfs. meine Bluthochdruck-Medikamente anzupassen.
Erstuntersuchung
Ein Stationsarzt, führt mit gebrochenem Deutsch die Aufnahmeuntersuchung durch. Soweit ich ihn verstehe, will er mein derzeitiges Befinden festhalten und meine persönlichen Ziele für die Reha festlegen. Fast jede zweite Antwort von mir quittiert er mit einer „Wieso?“-Frage. Warum muss ich das wissen oder Begründen, ist er nicht der Arzt?
Am Ende scheint er mir meinen Therapie-Plan festzulegen. Allerdings hatte ich den Wunsch zur Behandlung meines Tinnitus bereits beim Reha Antrag geäußert. Hier heißt es, obwohl die Klinik auch Tinnitus therapiert, dass eine Behandlung hierfür nicht vorgesehen ist. Hatte mich die Rentenversicherung nicht extra in diese Klinik geschickt um beides zu Therapieren meine Depression und den Tinnitus?
Wegen der erhöhten Blutwerte fordert er einen Konsiliarbericht bei einer internen Klinikabteilung an, die sich auf seine Aufforderung bei mir melden soll.
Domizilbezug
Zurück auf meinem Zimmer, dass ich nun zumindest für die kommenden fünf Wochen meine Herberge nennen darf. Ich packe meine kleine Tasche aus und richte mich ein. Obwohl ich bereits morgens angereist bin, haben die Formalitäten den ganzen Mittag überdauert. Für mich gibt es deshalb erst jetzt zum Abendbrot wieder etwas zu essen. Essenszeit 17 bis 19 Uhr. Trockenes Brot, keinen Kaffee, Wurst- und Käseaufschnitt – that’s it!
Das Frühstück, zeigte sich dann freundlicher. Frische Brötchen, mehr Auswahl an Aufschnitt, Joghurt, Quark, Obst, Müsli und was man in einer Reha Klinik Kaffee nennen darf. Wie sich herausstellen wird, ist das Frühstück noch die beste Mahlzeit des Tages in den kommenden Wochen. Essenszeit von 7 bis 9 Uhr. Nach einer halben Woche lasse ich das Abendbrot ausfallen, denn das trockene Brot bekomme ich einfach nicht herunter. Morgens, ist das Brot wohl das vom Vorabend oder Abends jenes vom Morgen oder umgekehrt, so mein Eindruck. Zumindest gibt es mehr Auswahl morgens und die Brötchen sind in Ordnung – für hier.
Erster Tagesplan
Aber ich bin ja nicht zum Vergnügen hier oder? Nachdem ich also mein Frühstück genossen habe, gehe ich zurück zum Zimmer. Der Weg führt an meinem Briefkasten vorbei. In diesen landen meine Therapie – Tagespläne und sonst alles schriftliche für mich. Bis vor dem Frühstück war dieser jedoch leer. Bis jetzt. Mein erster Tagesplan mit Therapieeinheiten ist da! Es ist jetzt kurz vor 9 Uhr.
Erste Einheit, ein Vortrag. Ein Einführungsvortrag und die Vorstellung der Klinik. Dieser dient dazu sich in der Reha Klinik zurecht zu finden, den Ablauf und die Einheiten kennen zu lernen. Beginn 8 Uhr. WTF!? Cool denke ich, fängt gut an, man hat mir den ersten Vortrag geschenkt. Es wäre dennoch schön gewesen, wenn ich die Informationen daraus erhalten hätte. Ich erkundige mich, aber diesen Vortrag gibt es nur einmal in der Woche.
Therapieeinheiten
Ich habe nicht vor, in diesem oder einem der folgenden Artikel bis ins Kleinste über die Einheiten oder meinem weiteren Aufenthalt zu schreiben. Ich liste hier deshalb nur einige der Einheiten auf und schreibe nur Zusammenfassend. Meine Reha begann ja Ende Juni letzten Jahres und bis heute im Mai 2023 fangen die Erinnerungen an zu verblassen.
Die Einheiten, die meinen Therapieplan bildeten, haben sich jeweils am Vorabend des Folgetages aufgetan. Wobei bis in die dritte Woche hinein immer mal wieder neue, bis dahin noch nicht vorgekommene Einheiten hinzu kamen. Mal war der Zeitplan so eng gesteckt, dass man keine Zeit für das Frühstück hatte. Dann ab dem frühen Nachmittag Zeit zur freien Gestaltung besaß. Manchmal war es auch anders herum, zwei bis drei Einheiten am Vormittag und nochmals am Nachmittag. Die Wochenenden gab es generell frei. Es gab Einheiten, die so eng beieinander lagen, dass ich die vorherige oder darauffolgende Einheit habe ausfallen lassen müssen. Es sei denn, ich hätte nass-triefend und halbnackt in einen Vortragsraum platzen wollen. Oder, ich hätte das Schild, „Therapie, bitte Ruhe. Nicht stören.“ ignorieren müssen. Manchmal sind auch Einheiten von selbst ausgefallen.
Reha Therapieinhalte
Es war ein schöner, relativ trockener und warmer Sommer. Eine der mir am wichtigsten erscheinenden Einheiten war wohl die Tageslicht-Therapie. Zwanzig Minuten in einem fensterlosen Raum vor einer Tageslicht-Lampe sitzen. Moorkissen-Behandlungen, die ich nach der ersten Anwendung habe ausfallen lassen, da ich mir Handtuch und Kleidung mit Moor versaut habe. Die Kissen sind wohl nicht alle dicht und hinten im Kopf habe ich keine Augen.
Weitere Einheiten, soweit mir diese noch einfallen liste ich einmal auf. Hydrojet-Massage, Walken, Gymnastik, Krafttraining, Aqua-Gymnastik, Gruppentherapie, progressive Muskelentspannung, Körperwahrnehmung, Sozialkontakte, Gestaltungstherapie, Entspannungstherapie, Vorträge und eine persönliche psychologische Betreuung. On Top, Meditation-, Dehn- und Entspannungsübungen per Hausinterner App. Mit Videoanleitungen, also online und Internetverbindung erforderlich. Kosten pro vier Wochen, 50 €. Und dann noch mal irgend ein horrender Satz für Woche fünf. Nein Danke, das ist mir zu Patienten-freundlich, ich mache da nicht mit!
Betreuung
Wie Einheiten Aufgrund von Personal-Krankheit oder anderen Gründen ausgefallen sind, so habe ich auch unterschiedliche Stationsärzte, Chefärzte und sogar unterschiedliche psychologische Betreuer und Therapeuten, während der fünf Wochen Aufenthalt gehabt. Dies kann man nun sehen wie man möchte. Eine persönliche Bindung und durchgehende Betreuung, die Bescheid weiß konnte sich so allerdings nicht entwickeln. Jeder der Fachkräfte musste sich immer wieder „einlesen“ oder von mir auf’s Neue erzählen lassen.
Bereits vor Ende der ersten Woche, wurde ich gefragt, ob ich meinen Aufenthalt verlängern möchte. Ich habe mich noch nicht einmal richtig eingelebt!? Noch habe ich gemerkt was einige Einheiten mit einer Depression zu tun haben sollen bzw. mir helfen würden. Das Essen zum Mittag war nicht gerade Gourmet-Verdächtig und Grund genug zu verlängern. Essenszeit 11:30 bis 13:00 Uhr! Wenn man kurz nach 12 ins „Restaurant“ kam, gab es oft schon die ein oder andere Hauptmahlzeit nicht mehr zur Auswahl. War nicht gerade erst Frühstück? Da ich schnell wieder ins Berufsleben wollte habe ich die Verlängerungseinlandung dankend abgelehnt.
Ach ja, fast jeden zweiten Tag habe ich wegen des Termins für den Konsiliarbericht nachgefragt. In der vierten Woche habe ich dann aufgegeben und letztlich kümmerte es niemanden, dass meine Hausärztin besorgt war wegen meiner Blutwerte und der neuen Medikamente. Wem auch immer Dank sei, aber zum Glück ist nichts passiert mit mir.